Aus Spiel wird Ernst: Wage dich auf unbekannte Pfade.

©Kilian Jornet

LITERATUR. Die Schwedin Emelie Forsberg ist eine der erfolgreichsten und bekanntesten Trailläuferinnen der Welt. Es gibt kaum einen Wettkampf, den Forsberg in ihrer Karriere nicht für sich entscheiden konnte. Lesen Sie hier einen Auszug aus Emilie Forsbergs Buch Sky Runner, in dem sie über die Themen Neugier und Leidenschaft spricht.

Es ist aufregend, den ausgetretenen Pfad zu verlassen. Und besonders, von der geplanten, Route aus einer Laune heraus abzuweichen. Den Gipfel zu erreichen, ist ein fantastisches Gefühl.
Wir haben es geschafft und uns hierher durchgeschlagen, weil es so aufregend und schön aussah. Nicht, weil wir es gemusst hätten oder es auf unserem Plan gestanden hätte. Es ist fantastisch,
auch wenn es nichts anderes als ein Umweg ist. Der Neugier folgen, den eigenen Wünschen folgen und eine ganz neue Erfahrung machen: Anstatt dem Weg zu folgen, sind wir unserem Entdeckergeist nachgerannt.

Ich lasse mich gerne von meiner Neugier mitreißen. Das ist es, was mich antreibt. Einem Impuls nachzugeben und etwas zu wagen, das nicht immer vorher geplant ist. Nicht immer dem vorgegebenen Weg folgen. Gleichgültig, ob ich einen neuen, schönen Weg finde oder ob das Gelände zu schwierig ist und ich auf meinen eigenen Spuren zurückkehren muss.

Am wichtigsten ist, es zu versuchen. Manchmal muss man beim Laufen einfach den eigenen Gedanken folgen und neue Ideen haben. Nur wer mit dem Herzen ganz bei der Sache ist, geht auch das Risiko ein, es einmal darauf ankommen zu lassen, das Altbekannte hinter sich zu lassen und den eigenen Impulsen zu folgen. So erhält man neue Sichtweisen und macht neue Erfahrungen. Das ist unglaublich lohnend.

 


„ICH LAUFE, WEIL ICH AUCH MORGEN LAUFEN WILL – NICHT, UM IN IRGENDEINEM WETTKAMPF MÖGLICHST GUT ZU SEIN.“


 

Nicht immer auf dem kürzesten Weg

Manchmal mache ich mir Sorgen, dass ich meinen Sinn fürs Herumspielen verlieren könnte, unterwegs auf meinem Weg, die beste Läuferin und Skialpinistin zu werden. Doch dann kann ich mich beruhigen, indem ich mich an einige der vielen Spielereien erinnere. Zum Beispiel im Grand Teton National Park in den USA.

Kilian, mein Partner bei allen Schandtaten, und ich waren zu einem Lauf aufgebrochen. Wir hatten die Karte konsultiert und einen Berg ein wenig weiter weg gefunden, jedoch ohne einen Weg, der bis zu ihm führte. Der Pfad endete an einem großen See. Auf der anderen Seite erhob sich der Berg über dem Wasser. Wir entschieden uns, den Weg zu verlassen und durch den Wald zu laufen. Leichter gesagt als getan. Dschungelartige Bäume und Büsche umgaben uns. Für den vier Kilometer langen Hinweg benötigten wir drei Stunden! Aber dann, wie herrlich! Wir hatten es geschafft, den Mount Maron zu erreichen, den nur wenige Besucher zu sehen bekommen. Den Gipfel zu besteigen, war schnell gemacht. Unsere Neugier und die Erleichterung, beim Laufen nicht ständig über Buschäste zu springen oder unter ihnen hindurchzukriechen, machte die Sache einfach. Wie ein Kinderspiel.

Auf unserem Rückweg entschieden wir uns zu schwimmen. Wir rollten unsere Handys in unsere T-Shirts und banden sie über unseren Köpfen fest. Keiner von uns kann sich besonderer Schwimmkünste rühmen. Kilian hat vielleicht sogar wie ein Hündchen gepaddelt. Wir lachten, bis wir husten mussten, es war heftig und anstrengend. Mit den Turbanen auf unseren Köpfen schwammen wir ruhig voran. Ein paar Kilometer Schwimmen fühlte sich fast so anstrengend an wie das Kraxeln im Dschungel. Immer, wenn ich zögere, von meinen Plänen abzuweichen, lassen mich Erinnerungen wie diese am Ende die geplante Route verlassen.

 


 

 

 

 

Emelie Forsberg / Fotos: Kilian Jornet
Sky Runner: Meine Stärke, meine Leidenschaft, mein Leben

176 Seiten
Paperback, 17,0 cm x 24,0 cm,
1. Auflage September 2019
ISBN 978-3-8403-7633-7, 25,00 € [D]

 

 


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