Lohnt sich diese Mühe?

Diese Frage haben sich viele Veranstalter während der Corona-Pandemie, und dann, nach den ersten Lockerungen, oft gestellt: Lohnt sich ein solche Mühe (wieder)? Eine kleine Rückschau von zwei Laufveranstaltern aus Sachsen, die diese Herausforderung angenommen haben …

I. Europamarathon Görlitz 12. Juni 2022

Trotz  vieler Widrigkeiten hatte sich das Orga-Team um Detlef Lübeck letztlich entschlossen, den Europamarathon Görlitz 2022 durchzuführen. Widrigkeiten? Das waren unter anderem laue Anmeldezahlen, hohe Preise für Fixkosten wie Absperrmaßnahmen, Ausgaben für Pokale und Medaillen, das alles musste im Vorfeld bedacht werden – bei gerade mal 600 Anmeldungen drei Wochen vor dem Start.

„Können wir das überhaupt stemmen?” Das Org-Team ist das Risiko eingegangen und wurde belohnt mit rasant steigenden Anmeldezahlen. Insgesamt waren über alle Strecken und Disziplinen 1.100 Aktive am Start. Einziger Wermutstropfen: Der Marathon musste wegen nur 17 Anmeldungen abgesagt werden.

Dieser 17. Europamarathon Görlitz hatte eine weitere Besonderheit. Bisher führten die langen Strecken aus Görlitz heraus übers Land. Aufgrund von Baumaßnahmen und immensen Absperrkosten haten sich die Veranstalter dieses Jahr für eine 10-km-Runde entschieden, also 2 Runden für den Halben. Dafür gab es nur positive Rückmeldungen. Vor allem die vielen Zuschauer beim mehrmaligen Überqueren der Altstadtbrücke sorgten für eine enthusiastische, besonders motivierende Atmosphäre. Das soll künftig so bleiben, wenn das auch auf polnischer Seite möglich ist.

In sportlicher Hinsicht gabe es keine großen Überraschungen. Franziska Kranich hat zum 7. Mal den Halbmarathon gewonnen, Patrick König hat auf dieser Distanz diesmal seinen Meister gefunden, kein einheimischer Läufer, mit dem er sich aber noch vor kurzem in Dresden im Stadion auf der Rundbahn über 5000 Meter duelliert hatte, wo Patrick eine Zeit gelaufen ist, die für einen Hobbyläufer kaum nachvollziehbar ist, weit unter 15min. Patrick hat sich dann aber noch einmal auf der 5km-Strecke revanchiert und sich dort den Sieg geholt. Bei den Männern über 10km waren in den TOP15 viele bekannte Görlitzer Gesichter zu sehen, stellvertretend seien hier genannt Richard Adam von unseren Triathleten, Malte Borrmann von den Orientierungsläufern und Florian Fiedler von den Leichtathleten.

Zirka 200 „Bambinis“ haben sich auf die Umrundung des Elisabethplatzes getraut und wurden von ihren Eltern mit lautem Jubel und im Ziel mit einem Überraschungsbeutel empfangen. Für die Skater, Handbiker, Tretrollerfahrer, Einradfahrer wurde in für die Wettkampfzeit die Umgehungsstraße gesperrt und sie konnten dadurch mal so richtig Speed auf den Asphalt bringen.

Trotz der enormen Hitze mussten wir auch dieses Jahr den Rettungsdienst kaum in Anspruch nehmen.Das orga-Team spricht auch asudrücklich seinen Dank aus an alle Helfer, an das Kampfgericht, an die Zeitnahme von Lausitz-Timing, an die Moderatoren Stefan Bräuer und Andreas Hentschel, an Sturm-Events, die uns wieder mit der nötigen Technik ausgestattet haben… Wir hoffen alle, auch im nächsten Jahr wieder Euch alle, Läufer*innen wie Helfer*innen zum Europamarathon begrüßen zu dürfen.

Eine grobe Unsportlichkeit eines Läufers soll nicht verschwiegen werden. Eine Helferin ihm seine Medaille überreichen – im weiteren Verlauf sind dann Worte gefallen wie: „nee die ist mir zu hässlich …“, seitens eines anderen Läufers kam dann eine Erwiderung: „… geh zu der, die ist hübscher“. Der Veranstalter würde den Läufer gern zur Rede stellen – Hilfe dazu ist willkommen. Eine Entschuldigung wäre das mindeste.

Insgesamt sind die Macher um Detlef Lübeck mit der Veranstaltung zufrieden, die vielen positiven Rückmeldungen haben doch für Freude gesorgt. Kritik wird – wie auch in den vergangenen Jahren – zur Zufriedenheit der Läufer geklärt.

 

II. Oberelbe-Marathon 24. April 2022

„Ich hab geweint vor Glück!“ schreibt Sandra Borowsky in ihrem Facebook-Post nach dem Zieleinlauf. Sie wurde Dritte in ihrer Altersklasse (50-54) über die Marathon-Distanz. Gerade runter vom Siegertreppchen, jubelt sie sowohl über ihren sportlichen Erfolg, als auch darüber, dass der VVO Oberelbe-Marathon nach 2 Jahren Corona-Zwangspause endlich wieder stattgefunden hatte. Es war ein Comeback, um das der Veranstalter lange gebangt hatte. Die intensiven Vorbereitungen liefen zwar bereits seit Anfang des Jahres auf Hochtouren – lange Zeit aber war unklar, ob und wenn ja unter welchen Bedingungen die 23. Auflage des OEM würde stattfinden können. Erst Anfang April stand endgültig fest: Der Startschuss kann ohne Einschränkungen fallen! Balsam für die Seele nicht nur von Uwe Sonntag.

Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich war das die lang ersehnte Positiv-Nachricht. Eine weitere Absage des OEM hätten der Lauf vermutlich kaum überstanden. Die Vorbereitungen waren einer Zitterpartie. Zusätzliche Herausforderungen brachten das neue Zielareal und die Verlegung der Marathonmesse in die BallsportArena Dresden mit sich. Alles musste neu durchdacht, geplant und organisiert werden.

Belohnt wurde die viele Mühe mit einem reibungslosen Ablauf und zahlreicher positive Resonanz. Mit rund 3.500 Anmeldungen sind weniger Teilnehmer an den Start gegangen als vor der Pandemie. Die Unsicherheiten bei den Läufern sind teilweise noch zu groß, ebenso Trainingsrückstände und die Anzahl der kurzfristigen Absagen wegen einer Corona-Erkrankung. Das kennen andere Veranstalter sicherlich nur zu gut.

Die tolle Stimmung am Lauftag hat bestätigt, dass vieles richtig gemacht wurde: Bestzeiten oder Rekorde waren sekundär. Ziel war es in erster Linie, ein tolles Gemeinschaftserlebnis und einen perfekten Re-Start des OEM auf die Beine zu stellen. Das ist gelungen, dank des ganzen OEM-Teams und der vielen ehrenamtlichen Helfer. Siege und persönliche Bestzeiten gab es natürlich auch. Über die Marathonstrecke ging Gold sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen an Dresdner Sportler! Auch ungewöhnliche Geschichten wirden gefeiert. Wie die von Erik und Nora, die spontan anstelle eines Halbmarathons eine Volldistanz gelaufen sind, weil sie versehentlich in den Bus nach Königstein statt nach Pirna gestiegen sind. Oder auch die des 84-jährigen Jürgen, der nach 6:16 Stunden die Marathon-Ziellinie überquerte …

Dieser OEM hat gezeigt, dass es im Sport um mehr geht als um nur Siege, nämlich um Spaß und Freude, um Teamgeist, persönliche Höchstleistung, Einsatzbereitschaft und Respekt gegenüber sich selbst und anderen! Das Orga-Team freut sich auf den 30. April 2023.

Text: Redaktionell zusammengestellt nach Veranstalter-Informationen von M. Thiel. Fotos: Veranstalter, M. Thiel.