“Noch länger mit angepassten Konzepten planen”

ALLGEMEINES. Die Corona-Pandemie hat den Sport weltweit und damit auch in Deutschland verändert. Viele Veranstaltungen auch in der Leichtathletik wurden abgesagt, andere konnten nur mit fundierten Hygienekonzepten stattfinden. Wie geht es weiter? Welche Konzepte sind geplant und machen Hoffnung? Fragen an Dr. Matthias Reick, DLV-Vizepräsident Allgemeine Leichtathletik.


Interview: David Deister / Fotos: Jörg Valentin

LAUFZEIT: In diesem Jahr wurden Laufveranstaltungen nicht nur in Deutschland reihenweise gestrichen. Der Covid19-Virus hat den Sport und auch alle Organisatoren von Straßenläufen fest im Griff. Wie sieht dein persönliches Fazit für das Jahr 2020
aus?

Matthias Reick: Zum Glück nicht mehr so negativ wie noch im März, zu Beginn der Pandemie, gedacht. Aber diese Aussage istmdifferenziert zu betrachten. In Bezug auf die leistungsstarken Läufer*innen haben sich dank innovativer Konzepte unserer Laufveranstalter in der sogenannten Late Season zum Glück noch diverse Vergleichsmöglichkeiten organisieren lassen. Die Athleten*innen haben die vielfältigen Angebote gerne angenommen und trotz der Pandemiebedingungen mit zum Teil beachtenswerten Leistungen die positive Entwicklung der letzten Jahre im Langstreckenbereich in der Spitze, wie auch in der Breite, unterstrichen. Den Volks- bzw. Eventläufer*innen wurden ebenfalls diverse Angebote unterbreitet, zwar überwiegend im virtuellen Setup, aber ihnen wurde dabei die Möglichkeit eröffnet, sich weiterhin in der Laufcommunity und auch im digitalen Umfeld aktiv zu bewegen. Insgesamt ist die dynamische Entwicklung der Corona-Pandemie für die Laufveranstalter wirtschaftlich ein harter Schlag. Man kann die Fragestellung somit zusammenfassen, dass die Läufer*innen in der Spitze und Breite die schwierigen Umstände der Pandemie strukturiert, verantwortungsvoll und leistungsorientier angenommen und sich den unterschiedlichsten Bedingungen in hervorragender Weise gestellt haben. Laufveranstalter haben Flagge gezeigt und sich engagiert. Der DLV mit seinen Landesverbänden, als politische Repräsentanz, kann den bei ihnen registrierten Laufveranstaltern bei der Beantragung von regionalen oder bundesweiten Hilfsfonds mit Unterstützungsschreiben assistieren.

DLV-Vizepräsident Dr. Matthias Reick

Mehr Einschränkungen, weniger Spielraum. Die derzeitigen Vorgaben des Bundes und der Länder erlauben aber auch ausdrücklich das Laufen, allein oder auch zu zweit. Welche Chancen bieten sich jedem einzelnen Menschen? Welche für die Gesellschaft?

Ein Vorteil des Laufens ist, dass es überall und zu jeder Zeit ausgeübt werden kann und man von daher auch gut die Vorgaben des Distanzhaltens einhalten kann. Ein weiterer Vorteil, den wir Läufer haben, ist die Möglichkeit, über moderne Kommunikationsplattformen regional und sogar global, zwar anders als vielleicht gewohnt, aber gemeinsam unseren Sport austragen und auch darüber kommunizieren zu können. Dass Laufen viele gesundheitliche Vorteile für Körper und Seele bietet, zum Beispiel vor Krankheiten schützt, das Immunsystem stärkt oder das allgemeine Wohlbefinden verbessert, steht heutzutage außer Frage. Jeder Einzelne kann, unabhängig, welche Sportart er bisher gerne ausgeübt hat, weiterhin etwas für seine Gesundheit tun, unabhängig davon, ob man es lieber individuell tut oder sich in eine digitale Community begibt, in der man unabhängig von Ort und Zeit Ansporn und Motivation findet und sich Möglichkeiten eröffnen, neue Räume und Bekanntschaften zu erobern. Für die Gesellschaft bedeutet dies, dass immer größere Personenkreise schneller als bisher gewohnt Unabhängigkeit von lokalen und regionalen Strukturen erlangen. Es ist eine Chance für Vereine, die neuen Herausforderungen anzunehmen.

Das weitere Interview mit Dr. Matthias Reick könnt Ihr in der aktuellen Ausgabe der LAUFZEIT verfolgen.

Titelfoto: Dr. Mattias Reick im fachlichen Austausch mit dem Ex-Europameister über 10.000 m Jan Fitschen.